von Liebe und Sinnen

Installation, 2007
Schlosspark Wiesenburg

23 Objekte aus Acrystal, Texttafel

in Zusammenarbeit mit Roland Albrecht
 

 

Auszüge aus Briefen des jungen Schlossherrn Curt Friedrich Ernst von Watzdorf, an seinen gleichaltrigen Freund Joachim Ernst von Hardenburg aus den Jahren 1863-1867.

5. August 1863: „... mir scheint, mir hat das Schicksal eine all zu schwere Last aufgeladen, eine Last die hier an diesem Orte verwurzelt scheint. Vom alten Hofmeister, Balthasar Wilhelm Rübling wird erzählt, dass er als Hauslehrer hier im Schloße tätig war, ihn eine unglückliche und nie zu zeigende Liebe zur Hausherrin übermannte. Er ging, der Erzählung nach, in den Wald um seine sehnsuchtstollen Sinne zu verlieren. Am alten Jagdweg sei's gewesen, wo er einzeln jeden seiner Sinne niederlegte, der Liebe sie zum Opfer brachte. Ach Joachim, du guter Kamerad, bleibt mir dieser Gang erspart? Du weißt, auch meine Lieb ist unerhört, sie muss bleiben nie erfüllt ...”

1. September 1863: „Joachim, ob je das Glück hier einziehn wird? Fand gestern, zur nachmittäglichen Stund, des Alten Hofmeisters seine Sinne. Mein Förster führte mich, halb im Wald, halb am Rande des Weges, zu den rosa Formen, die seit seinem Wegsein dort zu finden sind.”
 

15.Oktober 1863: „Liebster Freund, war in Kreuznach, um näher zu sein bei ihr. All mein Sinnen ist erfüllt von ihr, von Sehnsucht die all mein Denken, all mein Gefühl beherrscht. Geh täglich zu den Sinnen hin, es scheint sie leben friedlich in und mit der Natur ...”

4. Mai 1864: „ ... werde nun reisen, Frankreich, England, Italien, um Anregungen für den Garten zu bekommen und zur Zerstreuung von meinem großen Liebesleid. Mein Leibarzt riet mir zu. Hab von den Sinnen Rüblings Abschied genommen, werd sie aber neben meiner Lieb im Herze tragen ...”

6. August 1866 „Treuer Kamerad, ein Nervenleiden hat mich befallen, die Ärzte rätseln. Mein Park, der immer mehr Gestalt annimmt, soll ihr allein, der Schönsten, gewidmet sein. Gute Arbeit macht mein Förster, er lässt den alten Jagdweg unberührt ... Die Geister, die in diesen sinnlich Formen wohnlich sind, sollen ruhen dürfen und nicht erweckt ...”

9. Mai 1867 „Joachim, es war schön, dich bei den Husaren in Jüterbog zu treffen. Wir Husaren sind die Krone der Armee. Es ist erstaunlich, dass ich in den wenig Zeiten, wo ich mit dir zusammen bin, nicht an sie denken muss, der Alte bin, ...”

 

87 Briefe des Curt Friedrich Ernst von Watzdorf sind im „Museum für Unerhörte Liebe” in Nürtingen aufbewahrt. Bei fast allen geht es um unerwiderte Liebe und um die niedergelegten Sinne. Spuren von Balthasar Wilhelm Rübling, dem ehemaligen Hauslehrer, konnten 1999 ausfindig gemacht werden. Er ging 1801 als Prediger nach Geislingen, heiratet 1802 die Bürgerstochter Martha Gäbele und führte ein unauffälliges ruhiges Leben. Auf seinem Grab ist heute noch die, wenn man die Vorgeschichte nicht kennt, rätselhafte Inschrift zu lesen: „Gott belohnte den, der seinen Verstand verliert”.
Curt Friedrich Ernst von Watzdorf nahm als Husarenoffizier an dem Krieg 1870/71 teil. Seine nervliche Zerrüttung nahm immer mehr zu. 1881 starb er, 43-jährig, an seinem Nervenleiden, unglücklich in der Liebe, aber im Vollbesitz aller seiner Sinne. Seine letzten Worte sollen „die Liebe überdauert, lasst sie stehen, im Park, dort wo sie sind” gewesen sein. Er verfügte, dass er im Park seine letzte Ruhestätte erhalten solle.